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31 Jan

Neu wird neu – WEMAG-Batteriespeicherkraftwerk in Schwerin erneuert IT und Leittechnik

Das Batteriespeicherkraftwerk der WEMAG in Schwerin-Lankow nahm nach Fertigstellung der hoch innovativen Anlage 2014 seinen Betrieb auf und vermarktet seitdem erfolgreich Regelleistung. In zwei Baustufen errichtet, stellt es dem Energiemarkt 10 Megawatt Primärregelleistung zur Verfügung. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme galt die WEMAG-Anlage als das größte Batteriespeicherkraftwerk in Europa.

Diesen Titel hat es inzwischen an neuere, deutlich größere Anlagen abgegeben. Aber das Speicherkraftwerk der WEMAG gehört zu den batteriebasierten Anlagen mit der längsten Betriebserfahrung am Markt.

Das ist sehr positiv, können doch die Erfahrungen gewinnbringend für neue Projekte der WEMAG verwertet werden. Es bedeutet jedoch parallel, dass die Komponenten der Anlage inzwischen doch „in die Jahre“ kommen. Das gilt sowohl für die Hard- wie auch die Software.

Außenansicht vom Batteriespeicher in Schwerin Lankow
Außenansicht vom Batteriespeicher in Schwerin Lankow, 2017


Herausforderungen der Technologiealterung

Herausfordernd werden die Bemühungen, die Anlage auf höchstem technischem Stand zu halten vor allem dadurch, dass sowohl Hard- als auch Software in den ursprünglich verbauten Versionen z.T. nicht mehr verfügbar ist, nicht mehr aktualisiert wird oder die ursprünglichen Lieferanten dafür nicht mehr am Markt sind.

Gleichzeitig ist die jüngste Vergangenheit durch eine sehr dynamische Entwicklung auch im Bereich der IT-Sicherheit generell und Anforderungen der ÜNB im Besonderen geprägt worden. Die Ansprüche, die dadurch an die Systemtechnik des Batteriespeicherkraftwerks gestellt werden, sind hoch – zu Recht, denn der Schutz vor Sicherheitsbedrohungen und eine hohe Verfügbarkeit der Anlagen im Netz müssen Priorität haben.

Batterieraum 2 des Batteriespeichers in Schwerin Lankow, erweiterter Teil
Batterieraum 2 des Batteriespeichers in Schwerin Lankow, erweiterter Teil, 2017


Notwendigkeit der Erneuerung

Aus diesem Grund hat sich die WEMAG entschieden, wesentliche Erneuerungen an der IT, der zugehörigen Infrastruktur sowie der Software für die Steuerung, die Überwachung und den Betrieb des Batteriespeicherkraftwerks vorzunehmen. Dabei bleiben die Anlagenarchitektur und die Anlagentechnik selbst, also die Batterien, die Wechselrichter und Transformatoren, die Mittelspannungsschaltanlage und die Sekundärtechnik, in der vorhandenen Ausführung erhalten. Der Fokus der Aktivitäten liegt vielmehr auf Rechentechnik und Software.

Beauftragung von SCADA-Automation

Mit der Umsetzung hat die WEMAG Batteriespeicher GmbH & Co. KG die SCADA-Automation GmbH aus Berlin beauftragt. Das Team von SCADA ist spezialisiert auf energiewirtschaftliche Automatisierungstechnik mit Schwerpunkt Batteriespeicher und verfügt über exzellente Kenntnisse der YOUNICOS-Technik. (YOUNICOS hatte seinerzeit die Anlage im Auftrag der WEMAG errichtet.) Damit erfüllt SCADA zentrale Anforderungen der WEMAG für den Umbau.

Startbildschirm des modernisierten Leitsystems, 2023


Anforderungen an die Erneuerung

Zunächst ist ein tiefes Verständnis der aktuell umgesetzten Steuerung und leittechnischen Einbindung der Gesamtanlage zwingend, um einen reibungslosen Übergang auf eine neue Lösung zu ermöglichen. Außerdem hatte die WEMAG sehr konkrete Vorstellungen, welche Anforderungen im Zuge des „Anlagenverjüngung“ umzusetzen sind:

Bei der Ausgestaltung der zu erneuernden Anlagensteuerung und des Kraftwerksleitstands für das Batteriespeicherkraftwerk in Schwerin-Lankow soll sich an den bereits genutzten Lösungen für die WEMAG-Batteriespeicher-Systeme (WBS) orientiert werden, um perspektivisch für die WEMAG-Gruppe eine Steuerung und Vermarktung aller Batteriesysteme im Unternehmensportfolio auf einer einheitlichen Basis zu ermöglichen.

Außerdem müssen sämtliche Arbeiten für den Umbau und die Erneuerung bei laufendem Anlagenbetrieb erfolgen, um eine durchgängige Nutzung des Kraftwerks sicherzustellen.

Für die SCADA-Automation bedeutet das, ein Konzept zu entwickeln, das bei der Softwareentwicklung an die „Welt“ der WEMAG-Batteriespeichersysteme anbindet und in Projektumsetzung einen vollständig redundanten Anlagenbetrieb bis zum „finalen“ Umschwenken auf das neue System ermöglicht sowie gleichzeitig sicherstellt, dass für diesen Zeitpunkt die Funktionalität und das Zusammenspiel aller bestehenden und neuen Komponenten absolut sicherstellt ist.

Projektdurchführung

Im Ergebnis wird nun ein Projektplan umgesetzt, bei dem Aufgabenstellung in fünf Teilprojekten abgearbeitet wird.

  • Die Lieferung und Installation der neuen IT- und Infrastruktur sowie der zugehörigen Software bilden den Ausgangspunkt und das „Rückgrat“ für alle weiteren Arbeiten.
  • Nach Abschluss dieser Phase erfolgt der Wechsel der Einheitensteuerung für die Batterie-Wechselrichter-Kombinationen.
  • Daran schließt sich die Erneuerung der Anlagensteuerung (EZA-Regler) an.
  • Im vierten Teilprojekt steht dann der Austausch des Kraftwerksleitstands im Mittelpunkt.
  • Den Abschluss bildet die Inbetriebnahme. Hier sind neben der Inbetriebnahme des Kraftwerksleitstands auch die Funktionalität der externen Verbindungen zur Netzleitstelle der WEMAG und zur Vermarktung sicherzustellen. Überdies erfolgt der Nachweis des PRL Regelvermögens.


Abschluss und Ausblick

Erst nach Abschluss aller Tests und Nachweis der geforderten Funktionalitäten wird dann der redundante Anlagenbetrieb beendet und das neue System übernimmt die Kraftwerkssteuerung vollständig.

Das Projekt wird eine Gesamtlaufzeit von etwa einem Jahr haben. Im Ergebnis steht dann ein erneuertes Batteriekraftwerk in Schwerin, das mit zeitgemäßer Technik für viele weitere Jahre den Regelenergiemarkt bedienen wird.

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